vvon Jörg Bölsch
Dr. Friedrich Hund, Professor für Physik, der auch in Leipzig weilte und dabei sogar in Marienbrunn wohnte. Blättern Sie nicht gleich weiter, weil Sie mit Physik nichts am Hut haben, etwas darüber zu erfahren, ist doch ganz nützlich. Neben den Lebensdaten weiter unten, die auch im Internet an verschiedenen Stellen zu finden sind, verweise ich auf einige immer wieder genannte Arbeiten und auf die berühmte Hundsche Regel. Die ist ohne Grundkenntnisse in Physik und Chemie eigentlich nicht zu verstehen, deshalb dazu einige Erläuterungen.
Es handelt sich um Erkenntnisse in der Atomphysik (nicht zu verwechseln mit der Kernspaltung), die für das physikalische Denken wesentlich wurde. „Während die klassische Physik anschaulich die physikalischen Gesetze von Raum und Zeit beschreibt, vermag erst die Quantentheorie (Max Planck, Einstein, de Broglie, Bohr, Sommerfeld, Heisenberg, Born und Jordan) die allgemeinen Sätze und die Vorstellungen der Chemie anschaulich zu beschreiben“, schreibt F. Hund im wissenschaftlichen Anhang des von ihm verfassten fünften Bandes der Theoretischen Physik. Wer sich an das in der Schule gelernte Rutherfordsche Atommodell erinnert, weiß, dass die Atome eines jeden Elementes aus einem positiv geladenen Atomkern und einer definierten Anzahl von Elektronen, die sich auf Bahnen (Orbitale) um den Kern bewegen, bestehen. Erst durch Anpassung dieses Modells mit Hilfe der Planckschen Quantentheorie durch Niels Bohr entstand ein Atommodell, in welchem die Größe der Energie der Elektronen für die Lage auf den verschiedenen Bahnen (Orbitale) um den Atomkern verantwortlich ist.
Das Wechseln auf eine andere Bahn geht nur mit der Abgabe oder Aufnahme der Energie in der Größe eines Quants, je nachdem, ob zum Kern hin oder von ihm weg die Bewegung stattfindet. Die Bahnbewegung eines Elektrons auf Ellipsenbahnen beschreibt man mit Haupt- und Nebenquantenzahlen sowie mit dem Drehimpuls des Elektrons (Spin). Die Erkenntnisse von Friedrich Hund sind in der Hundschen Regel formuliert, die besagt, dass – wenn für die energiereichsten Elektronen eines Atoms mehrere Orbitale mit gleicher Energie zur Verfügung stehen – diese zuerst mit je einem Elektron mit parallelem Spin besetzt werden. Erst wenn alle Orbitale gleicher Energie mit jeweils einem Elektron gefüllt sind, werden sie auch mit einem zweiten Elektron besetzt (https://de.wikipedia.org/wiki/Hundsche_Regel).
Wem das doch zu spanisch vorkommt, denke nur an seinen Fernseher, der mit Elektronenstrahlen erst das Bild auf dem Leuchtschirm liefert oder aber an das Periodensystem der Elemente, wo die Elemente durch relative Atommassen (Massenzahl), Kernladungszahl Z und Neutronenzahl definiert sind.
Nun zu einigen Lebensdaten
Friedrich Hund wurde am 4. Februar 1896 in Karlsruhe geboren; er wurde 101 Jahre alt und starb am 31. März 1997 in Göttingen). Nach dem Studium der Mathematik, Physik und Geographie in Marburg und Göttingen war er ab 1925 als Privatdozent für theoretische Physik in Göttingen, Professor in Rostock (1927), Leipzig (1929), Jena (1946), Frankfurt am Main (1951) und ab 1957 wieder in Göttingen tätig.
Erste Veröffentlichungen
- Ablenkung von freien langsamen Elektronen in Atomen
- Die Gestalt mehratomiger polarer Molekeln
- Die Göttinger Quantenmechanik von Heisenberg, Born und Jordan Habilitation 1925
- Hundsche Regel
- Die Schrödinger-Gleichung 1926 als Schlüssel zum Verständnis der Molekel
Kopenhagen 1926/27
- Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation
Erste Begegnung mit Mulliken, Harvard-Universität 1929
- Nomenklatur der Molekel,
- Hund-Mulliken-Molekel-Theorie
Professor in Leipzig 1929
- Theorie der chemischen Bindung. Begegnungen mit Bloch (Metallische Leitung), Teller (Molekel) und Peierls (Kristallgitterelektronen) Anregungen von Höpke, Weizsäcker und Bonhoeffer Lehrbuchautor der „roten Hunde“. Nachkriegstätigkeit an den Universitäten Jena, Frankfurt/Main und Göttingen. Arbeiten über Elektronen in Kristallen. Nach der Emeritierung 1964 Beiträge zur Geschichte der Quantentheorie und allgemeinen Physik. (nach: Rechenberg, Helmut /München)
Literatur (Auswahl)
- Versuch einer Deutung der großen Durchlässigkeit einiger Edelgase für sehr langsame Elektronen, Dissertation, Universität Göttingen 1923
- Linienspektren und periodisches System der Elemente, Habil. Schrift, Universität Göttingen 1927
- Lehrbücher: „Einführung in die Theoretische Physik“, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1950
- Theoretische Physik, 1956
- Grundbegriffe der Physik, 1969
- Geschichte der Quantentheorie, 2. Aufl., 1975
- Geschichte der physikalischen Begriffe, 2 Bände, 2. Aufl., 1978
- Geschichte der physikalischen Begriffe, 1956
Das Haus im Lerchenrain 41 in Leipzig Marienbrunn beherbergte die Familie Hund. Man sieht das Fenster seines Arbeitszimmers, wenn man vom Lerchenrain in den Gartenverein eintritt. Die Familie Hund hatte 5 Kinder. Im Umfeld dieses Hauses wohnend erinnert sich Herr Striegler an den Professor, der damals von den Kindern „D-Zug“ genannt wurde, weil er immer so schnell voranschritt. Friedrich Hund erhielt den Nationalpreis und war Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Als Hund erkannte, dass ihm eine politisch unbeeinflusste Forschung und Lehre im Osten Deutschlands unmöglich sein würde, kehrte er 1951 von einer Gastdozentur an der Goethe-Universität Frankfurt nicht mehr zurück und blieb im Westen.