von Fried Fleischhack
„Meine Aufgabe heute? Meine Familie – die Mitarbeit in meiner Kirchengemeinde – und im „Nebenamt“ Schriftstellerin.“ So hat Marianne Fleischhack einmal mit wenigen Worten ihr Selbstportrait skizziert. Zu diesem Zeitpunkt war sie – 1896 in Dessau als Tochter eines Eisenbahnoberinspektors geboren – bereits 75 Jahre alt. Der Beruf des Vaters brachte es mit sich, dass die Familie mehrfach den Wohnort wechseln musste. Erst in Arnstadt, dann in Gera verlebte M. F. gemeinsam mit dem älteren Bruder und einer jüngeren Schwester ihre Schulzeit. Eine heitere Jugendzeit – bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges – schrieb sie einmal. Der von ihr geliebte Bruder ist gefallen. Sie selbst hatte sich bei Ausbruch des Krieges dem Roten Kreuz als Freiwillige Helferin zur Verfügung gestellt und wurde in Leipziger Lazaretten eingesetzt. Hier besuchte sie dann 1918 und 1919 die Deutsche Bibliothekarsschule, an der sie die Prüfung für den Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken ablegte. Daraufhin erfolgte ihre Anstellung an der Deutschen Bücherei. Hier lernte die Bibliothekarin Marianne Holze den Bibliothekar Curt Fleischhack kennen (siehe Mitteilungsblatt 1/2007). Im Jahre 1922 heirateten sie, 1930 bezog die Familie – 1928 wurde eine Tochter, 1931 wurde ein Sohn geboren – ein Haus im Frau-Holle-Weg in Marienthal. Die Formulierung „Schriftstellerin im Nebenamt“ mag zutreffen im Blick auf den unermüdlichen Einsatz von Zeit und Kraft für die Familie, zu der zunächst auch noch Eltern und Schwiegereltern gehörten. Später waren es die fünf Enkel, die viel Zuwendung erfuhren. Sie wurden besucht und zum Besuch in den Frau-Holle-Weg eingeladen oder aber auch auf Urlaubsreisen mitgenommen. Kurz vor Kriegsende erfuhr die Familie noch eine besondere Vergrößerung. Dankbar dafür, dass sie bisher den Krieg ohne Schaden überstanden hatte, nahm das Ehepaar Fleischhack ein Flüchtlingskind auf, das von seinen Eltern getrennt worden war. Weder Vor- noch Nachnamen konnte die verstörte, etwa Vierjährige nennen. Erst geraume Zeit nach Kriegsende entdeckte eine Bekannte der Eltern das Kind auf einer Fotosuchliste des Roten Kreuzes und stellte die Verbindung her. Schriftstellerin im Nebenamt – in Wirklichkeit das nahm Schreiben und Herausgeben von Büchern einen nicht geringen Raum im Leben von Marianne Fleischhack ein. Mehr als ein Dutzend Bücher sind unter ihrem Namen erschienen. Daran wird deutlich – die Schriftstellerei war ein wesentliches Stück ihres Lebens. Frühzeitig schon hatte sie für Zeitschriften Artikel geschrieben. Als gelernte Bibliothekarin hat sie ihren Mann beim Verfassen der von ihm veröffentlichten Fachliteratur unterstützt. Umgekehrt kamen dessen Verbindung zu Verlagen und sein problemloser Zugang zur Literatur ihrer schriftstellerischen Arbeit zu Gute. Diese galt vor allem Frauenpersönlichkeiten. Das von Marianne Fleischhack beschriebene Leben von Albert Schweitzers Frau Helene war eine der gefragtesten ihrer Biographien. Mit enormer Energie hat Marianne Fleischhack, ohne dass die Familie zu kurz kam, in vielen Nacht- oder Morgenstunden Quellen studiert und ihre Manuskripte geschrieben oder an der Herausgabe von Anthologien gearbeitet. Ein umfangreicher Briefwechsel gehörte ebenso dazu. So finden sich in ihrem Nachlass Schreiben von Albert Schweitzer genauso wie von Hermann Hesse und vielen Anderen. In kirchlichen Wochenzeitungen wie dem „Sächsischen Sonntag“ erschienen seit 1947 über viele Jahre hin kleine Erzählungen und Kurzbiographien christlicher Persönlichkeiten von Marianne Fleischhack. Überhaupt – im Schreiben war sie bis ins hohe Alter hinein unermüdlich. Buchstäblich mit Menschen in aller Welt führte sie – oft ausgelöst durch ihre Bücher – Briefwechsel. Auch mit nicht wenigen ehemaligen Marienbrunnern – Marianne Fleischhack hatte auf diese Weise noch nach Jahren mit Ihnen Kontakt. Nur ein Beispiel ist die während der NS-Zeit von der Oberschule verwiesene Halbjüdin, die im Hause des Marienbrunner Pfarrers Kröning Zuflucht gefunden hatte. Sie selbst nennt als drittes Aufgabengebiet ihre Kirchengemeinde. Im Kindergottesdienst hatte ihre Mitarbeit in Marienbrunn einst begonnen. Später hat sie – selbst durchaus nicht mehr im jugendlichen Alter – einen Mädelkreis betreut. Schließlich gehörte sie mit Eifer zur Helferschaft und hat zuletzt über Jahre hin mit viel Liebe die Verantwortung für die Zusammenkünfte der Großmütter in der Kirchengemeinde getragen. In die Vorträge, die sie in vielen Kirchengemeinden in Leipzig und darüber hinaus gehalten hat, ist manches von ihrer literarischen Tätigkeit eingeflossen. Die letzten Lebensjahre nach dem Tod ihres Mannes 1972 wohnte Marianne Fleischhack im Sandmännchenweg. Nur wenige Monate – als die versagenden Körperlichen Kräfte trotz viel freundlicher Hilfe ein Bleiben in der eigenen Wohnung nicht mehr zuließen – verbrachte sie in Dresden in der Familie des Sohnes. Dort verstarb sie 1986 kurz nach ihrem 90. Geburtstag und wurde auf dem Leipziger Südfriedhof neben ihrem Mann begraben.