von Jörg Bölsche
rofessor an der Hochschule für Musik in Leipzig, jetzt Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy, Leipzig, lebte vom 4.2.1907 bis zum 28.5.1970. Geboren wurde er in Köln als Sohn des Musikprofessors Franz Bölsche und der Pianistin Olga geb. Knopp. 1929 erhielt er das Staatsexamen für Musik in Köln, wo er dann bis 1931 als Kapellmeister wirkte. Es folgten 1931 Stadttheater Magdeburg, 1933 Oper Köln-Düsseldorf. Von 1933 bis 1944 war er Kapellmeister und Leiter der Opernschule in Königsberg/Ostpreußen bis zur Einberufung in die Wehrmacht als Soldat. In Königsberg wurden auch seine drei Kinder Elke, Jörg und Kay geboren. Es folgte russische Kriegsgefangenschaft bis zur Heimkehr am 21.6.1948. Inzwischen war seine Familie im Raum Magdeburg evakuiert, die Ehefrau Hildegard erhielt 1946 ein Engagement als Sängerin an der Oper „Drei Linden“ in Leipzig.
Als unser Vater aus der Gefangenschaft nach Leipzig kam, wurde er Dozent an der Hochschule für Musik, später Professor für Dirigieren und Kompositionslehre. Die Wohnung in Schleußig genügte jedoch nicht den Bedürfnissen, zu jeder Zeit ein Instrument zu spielen, so dass das Angebot, eines der „Intelligenzhäuser“ in Marienbrunn zu mieten, gerade recht kam. Aber es wurde während des Baus noch um einen Vorbau erweitert, weil der Flügel sonst nicht hineingepasst hätte. Die Landschaft war noch sehr übersichtlich wie das Foto zeigt, weil die Gärten erst später angelegt wurden. Diese Marienbrunner Zeit mit der Berufstätigkeit an der Hochschule dauerte bis zum 31.8.1954. In dieser Zeit unterrichtete er das Fach Dirigieren und bildete die erste Dirigentin in der DDR aus. Auch verfasste und veröffentlichte er die „Schule des Partiturspiels“ bei der Edition Peters, Leipzig, Nr. 4604. In der Festschrift der Hochschule von 1993 ist die damalige Studiengliederung in den Abteilungen der Hochschule aufgeführt:
- Musik erzieherische und solistische Ausbildung
Komposition: Wilhelm Weismann, Musiktheorie: Paul Schenk, Dirigieren: Egon Bölsche, Tasteninstrumente: Hugo Steurer, Orchesterinstrumente: Kurt Stiehler, Gesang: Hans Lissmann, Schulmusik: Paul Losse Kirchenmusik: Günter Ramin - Dramatische Kunst
Oper: Egon Bölsch, Schauspiel: Martin Flörching, Opernchor: Egon Bölsch
Die Liebe zum Theater und möglicherweise auch Differenzen in der Lehrauffassung an der Hochschule führten ihn dann zum Stadttheater Stralsund. Für uns Kinder eine schöne Zeit, denn wir waren die ganzen Sommerferien an der Ostsee. Die räumliche Trennung der Eltern führte dann später zur persönlichen Trennung. Unser Vater heiratete wieder und ging zum Theater Brandenburg/Havel und hatte zwei weitere Kinder, die den Vater aber nur im Vorschulalter erlebten, denn er starb nach schwerer Krankheit 1970. Die Kontakte auch zu den älteren Kindern blieben bis zu seinem Tode bestehen.