Geschichte des Vereins

Wie alles begann

1990/91 – Jahre des Umbruchs, Jahre der Hoffnung, aber auch Jahre der Unsicherheit, der Verunsicherung – und Zeit eines neuen Aufbruchs. Marienbrunn war ziemlich grau, an den Fassaden bröckelte der Putz, viele Fenster waren undicht. Ziemlich trist trotz aller Bemühungen
der Bürger, ihre Häuser, ihre Gärten und Vorgärten irgendwie in Schuss zu halten.

Da fanden viele Marienbrunner Anfang des Jahres 1991 eine Postwurfsendung in ihren Briefkästen – nichts Ungewöhnliches in dieser Zeit. Aber diese war besonders.

Verfasser und Absender war Gerd Voigt. Er schrieb von seiner Sorge, dass bei allen diesen Veränderungen, neu zu lernendem, neu zu suchendem der ‚Geist von Marienbrunn‘ auf der Strecke bleiben könnte.

Dieses besondere Gefühl der Zusammengehörigkeit in unserem Viertel – mit seiner Gründung 1913 geboren und nie so ganz verloren gegangen. Gerd Voigt lud Interessierte in die Gartengaststätte Südost ein – und der Saal im ‚Soschen‘ war am 3. November 1991 proppevoll. Das Interesse und die Zahl der Vorschläge waren riesig. Es ging um die Interessen der Mieter der GmbH, um Sport und Geselligkeit.

Prof. Ulrich Kühn und Claus Uhlrich schlugen vor, zur Bündelung der Ideen einen Verein zu gründen und in einer entsprechend zu verabschiedenden Satzung die Aufgaben und Ziele eines Bürgervereins für Marienbrunn zu konkretisieren.

Eine Gruppe um Gerd Voigt, Prof. Kühn, Christoph Bock und KarlHeinz Werner wurde beauftragt, eine Satzung zu formulieren, die den Wünschen der Marienbrunner, aber auch den Notwendigkeiten und Vorschriften des neuen bürgerlichen Rechts genügte. Dr. Haase, ebenfalls Marienbrunner und als Justitiar tätig, half mit seiner Kompetenz in Sachen BGB über so manche Klippe. Dennoch gab es einige Termine beim Amtsgericht und beim Finanzamt …

Die Satzung sollte helfen, kulturelle Aktivitäten auf dem Arminiushof und im gesamten Kiez wiederzubeleben, Bauvorhaben zu begleiten und damit auch das Gesamtbild unseres Viertels zu bewahren. Prof. Robert Lauterbach und Dr. Martin Simon investierten hierfür viel Zeit und Engagement. Es ging bspw. um die Frage, ob der Verein sich als gemeinnützig eintragen lassen sollte und vieles andere mehr, was nach dem nun geltenden Vereinsrecht zu beachten war.

Marienbrunn in der Wendezeit.

Petra Arnold hielt die Verbindung zu Holger Tschense, damals Beigeordneter für Umwelt, Ordnung und Wohnen und zu Stadtbaurat Niels Gormsen in seiner Funktion als Beigeordneter für Stadtentwicklung. Diese Verbindungen halfen, als sich 1993 ein wesentlicher Teil der Stadtspitze zu Marienbrunn bekannte.

Am 1. Februar 1992 war es soweit. Der ‚Verein der Freunde von Marienbrunn e. V.‘ wurde gegründet. Im Gartenlokal ‚Südost‘ erklärten 92 der Anwesenden ihren Beitritt und die Zustimmung zur Satzung mit ihrer Unterschrift. Per Akklamation wurde Prof. Robert Lauterbach zum Ehrenvorsitzenden ernannt und in geheimer Wahl erhielten als erste Vorstände Petra Arnold, Dr. Horst Bauer, Christoph Bock, Roland Jost, Gerd Voigt, Karl-Heinz Werner und Hans-Dietrich Weichert das Vertrauen der Mitglieder. Die Wahl eines Vorsitzenden wurde für die nächste Versammlung vereinbart.

Am 15. April 1992 bestätigte das Kreisgericht Leipzig-Stadt den Verein als eingetragenen Verein (e. V.), sodass am 26. April 1992 zur zweiten Mitgliederversammlung eingeladen werden konnte. Die Mitgliederzahl erhöhte sich auf 107, und der Vorstand wählte Gerd Voigt einstimmig zum Vorsitzenden. Über die Beitragsordnung wurde ebenfalls abgestimmt, Wolfram Boden konnte als erster Schatzmeister gewonnen werden, und für die Revisionskommission erklärten

sich Christian Räntzsch, Gerd Simon und Rolf Überall bereit. Gleichzeitig wurden Arbeitsgruppen zu den Gebieten Architektur und Denkmalsschutz, Kultur und Geselligkeit, Öffentlichkeitsarbeit, Jugend und Sport, Verbindung zur GmbH und ‚Der Marienbrunnen‘ gebildet.

erste-vorstand
Der erste Vorstand der Freunde von Marienbrunn e. V. (von links): Dr. Horst Bauer, Christoph Bock, Gerd Voigt (Vors.), Petra Arnold, Hans-Dieter Weichert, Karl-Heinz Werner, Roland Jost.

Aber das Wichtigste blieb die Vereinsarbeit mit Leben zu erfüllen, den Verein mit Leben zu erfüllen, den Verein spürbar und erlebbar für alle Marienbrunner zu machen. Im November 1992 erschien nach vielen Jahren wieder ein Mitteilungsblatt. Das bis heute gültige Logo gestaltete Bernd Gebier.

Im Sommer 1993 wurde zum 80-jährigen Jubiläum auf dem Arminiushof ein großes Marienbrunnfest organisiert – in der Tradition ab den 1920er-Jahren. Mit einem Kinderprogramm von Kindern aus Marienbrunn, Bachs Kaffeekantate gespielt von Mitgliedern des Gewandhausorchesters, einer Live-Band am Abend und einem Feuerwerk zum Abschluss. Besonders herzlich wurden vier Damen begrüßt, die Erstbezieherinnen in ihren Häusern und Wohnungen in Marienbrunn waren. Und es gab seit langer Zeit erstmals wieder eine Festschrift zum Jubiläum.

Zu den Gästen zählten Leipzigs erster OBM nach der Wende, Hinrich Lehmann-Grube, mit seiner Gattin und die Beigeordneten Holger Tschense und Niels Gormsen. Hinrich Lehmann-Grube hatte die ersten Wochen seiner Amtszeit in Marienbrunn zur Untermiete gewohnt. Bei einem Rundgang mit dem frisch gewählten Vorstand des neuen Vereins meinte er: „Hier ist die Welt noch in Ordnung!“

Eine kleine Postwurfsendung stand am Anfang, ein lebendiger Verein ist entstanden …

3 historische Postkarten der Gartenvorstadt Marienbrunn
Quelle: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

Erstbezieherinnen
Die vier Erstbezieherinnen llse Hanke, llse Hoffmann, llse Hermann und Martha Dietzsch (von links) auf dem 1. Marienbrunnfest im Jahr 1993.
1-Marienbrunnfest-1993
Programm von Kindern aus Marienbrunn auf dem 1. Marienbrunnfest 1993.
Marienbrunnfest
War gut besucht: Das erste Marienbrunnfest auf dem Arminiushof.
amtsgericht-1992
Eintrag in das Vereinsregister der Stadt Leipzig am 15. April 1992.

1. Mitteilungsblatt

Nr. 1 – Leipzig, im November 1992

Die Gartenvorstadt Leipzig-Marienbrunn, ein Überblick